Rezension in ANDROMEDA NACHRICHTEN 251:
Als im Juli 2015 eine E-Mail von Armin Möhle eintraf, mit dem Hinweis auf drei oder vier Fanzines, die zu rezensieren wären, eines davon EXODUS 24 reloaded, antwortete ich noch großzügig „ich halte mich vornehm zurück und nehme was übrigbleibt“. Sicherheitshalber reichte ich an Armin noch den Hinweis nach, dass ich EXODUS 24 im Fandom Observer 235 besprochen hatte und schlug vor, die Rezension von jemandem vornehmen zu lassen, der nicht derart vorbelastet ist. Armins Antwort-Mail dazu endete mit: die anderen Fanzines sind schon weg. Wie lautete doch gleich das Gorbatschow-Zitat? Wer zu spät kommt…
Also darf ich ran. Da es weitgehend sinnfrei wäre, die Rezension der 24er-Ausgabe hier zu wiederholen, folgt an dieser Stelle der Link zur Fandom-Observer-Downloadseite. Der FO ist zwar eingestellt, doch die Downloadseite nach wie vor im Netz. Im FO 235 finden sich zwei Besprechungen zu EXODUS 24; ein Porträt mit Rezension auf den Seiten 4 + 5 und eine zweite Besprechung auf Seite 13. Interessenten werden hier fündig: http://www.fandomobserver.de/downloads/
Damit stellen sich jetzt die Fragen: Was ist neu? Warum überhaupt eine Reloaded-Version? Immerhin präsentiert sich die zweite Auflage mit 112 statt 72 Seiten, beinhaltet eine erweiterte Galerie von Gabriele Berndt, mit Farb-Grafiken, die vormals noch in s/w abgebildet waren und ergänzt um Helmuts Hirschs Nomori-Erzählung „Besucher aus der Ferne“, aus der vergriffenen EXODUS-22-Ausgabe. Das Herausgeber-Trio begründete die Neuauflage im Editorial so: Zum einen folgen wir damit einem lange geäußerten Wunsch unserer Leserschaft, diese frühe Ausgabe wieder greifbar zu machen. Zum anderen nutzen wir die Gelegenheit, sie äußerlich dem heutigen optischen und qualitativen Stand des Magazins anzupassen.
Den wohl größten Raum nimmt Helmuts Hirschs erster Teil der Nomori-Erzählung, „Besucher aus der Ferne“ ein, mit immerhin 21 Seiten. Die interessierten Leser bekommen so die ersten beiden Sequels der dreiteiligen Reihe in einem Heft. Grob zusammengefasst spielt die Handlung auf dem Waldplaneten Nomori, der eine üppige Fauna und Flora beinhaltet. Insbesondere die Flugratten, die von irdischen Kolonisten als halbzahme Haustiere gehalten werden, sind in ihrer Intelligenz eine unterschätzte Spezies und Mona, die eine enge Beziehung zu ihrer Flugratte Mikki unterhält, hat schon bald Zweifel, dass die Flugratten „nur Tiere“ sind. Tatsächlich entpuppen sich die vermeintlichen Tierchen bald als sehr viel mehr. Richtig in Fahrt kommt die Erzählung als im Orbit von Nomori ein Raumschiff von der Erde auftaucht, um die lange Zeit isolierten Kolonisten mit dem „terranischen Way of Life“ zu beglücken. Wen das an Spielbergs Film Avatar oder an die Entdeckung und Kolonisierung Amerikas durch die Europäer erinnert, der liegt nicht allzusehr daneben. Helmuts Hirsch lässt sich Zeit, um die Geschichte zu entwickeln und die unterschiedlichen Sichtweisen der Stella Tec von der Erde, den Kolonie-Angehörigen von Nomori und den Flugratten herauszuarbeiten. Dass dabei ein wenig der erhobene Zeigefinger durchschimmert bzw. man als Leser den Spiegel vorgehalten bekommt, ist sicherlich Absicht, schmälert aber nicht den Unterhaltungswert und geht von daher in Ordnung.
Einige der Erzählungen der Classic-Ausgabe von EXODUS 24 wurden von den Autoren behutsam überarbeitet, nennen wir es mal Textoptimierungen. Für den Damals-Leser sind die erkennbaren Unterschiede erst einmal die vorgenommenen Neuillustrierungen. Die Autoren Axel Kruse und Michael Tillmann bekamen für ihre Erzählungen ganzseitige Farbillustrationen des zwischenzeitlich verstorbenen Künstlers Crossvalley Smith spendiert, die thematisch passend die Stories schön abrunden. Da hatten die EXODUS-Macher ein glückliches Händchen.
Auch Gabriele Berndt kann sich freuen. Es gab nicht nur mehr Seiten und mehr Farbe für ihre Galerie, sondern auch eine qualitative Verbesserung im Vierfarbdruck. Das Titelbild der Reloaded-Ausgabe wurde entweder mächtig farbkorrigiert oder in der vierfarbigen Reproduktion deutlich besser wiedergegeben. Die farbigen Wolken unterhalb des EXODUS-Schriftzuges, die in 2008 noch in einem schmutzigen Schwarz-Grau-Rot absoffen, sind jetzt deutlich offener, in den Tiefen ist noch Zeichnung und Struktur erkennbar. Sichtbar wird das auch an der abgebildeten Person, deren blauer Umhang jetzt nicht mehr dunkel-/tiefblau sondern in hell- und mittelblau erscheint. Nur durch die Hochglanz-Kaschierung ist der Farbunterschied nicht zu erklären.
Bleibt noch die Frage: Lohnt es sich? Für die Neuleser auf alle Fälle. Es ist eine runde Ausgabe mit vielen Erzählungen und sehr schönen Illustrationen. Gabriele Berndts Gemälde „Welten unter dem Adlernebel“ in dieser Ausgabe würde ich mir am liebsten, schick auf Keilrahmen aufgezogen, ins Wohnzimmer hängen – andächtiges Seufzen meinerseits.
Ob es für die Abonnenten und Erstauflagen-Kenner das „lohnenswerte Wiedersehen“ ist, das die Herren Moreau, Wipperfürth und Kemmler in Aussicht stellen, da bin ich mir nicht sicher.
Günther Freunek
in Andromeda Nachrichten 251
(SFCD e.V., Oktober 2015, 72 Seiten A4, EUR 8,00 - ISSN 0934-3118 - Bezugsmöglichkeit hier).